– Jesuit Volunteers

Von Moosburg in die weite Welt

Die junge Dresdnerin Pauline Haak hat gerade ihr Abitur geschrieben. In diesem Sommer macht sie sich auf ins rumänische Timișoara, um dort als Jesuit Volunteer für ein Jahr im Hospiz Casa Milostiviri Divine mitzuarbeiten. Nach dem Vorbereitungsseminar in Moosburg schildert sie ihre Erwartungen:

"Nicht weit ab von München, in einem kleinen Städtchen namens Moosburg, zwischen Pferdekoppeln und endlosen Ackerflächen, sind wir am Dienstag zusammengetroffen – dreiundzwanzig Menschen aus allen Teilen von Österreich, der Schweiz und Deutschlands, deren Lebenskontexte unterschiedlicher nicht sein könnten.

Was uns eint, ist die Idee ein Jahr anders zu leben: Kontakte zu neuen Menschen zu knüpfen, eine fremde Sprache und Kultur kennenzulernen und sich in ein unbekanntes soziales Umfeld einzugliedern. Dafür bedarf es guter Vorbereitung – daher haben wir beinahe eine ganze Woche lang mit unseren Referenten, ehemaligen Freiwilligen und anderen Gästen Postkolonialismus, interkulturelle Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit und den Umgang mit Problemfeldern diskutiert.

Im Chaos der Emotionen

Im gemütlichen Felshaus begann und endete unser Tag mit einem Morgen- oder Abendimpuls, um, umgeben von einer Flut an Informationen, zu uns selbst zurück­finden, reflektieren und mit dem Chaos an Emotionen aufräumen konnten. Im Kerzenschein haben wir meditiert, Gedichten gelauscht, persönlichen Geschichten oder Texten aus der Bibel. Obgleich jeder Teil des Seminars lehrreich war, ist mir besonders die zweitägige Zusammenarbeit zur interkulturellen Kommunikation im Kopf geblieben. Zu unserer Verblüffung hat uns Referent Max mit eisernem Schweigen gegrüßt, das unsererseits mit peinlicher Stille beantwortet wurde. Erst später klärte er uns über sein eigentliches Vorhaben auf: sich den eigenen Erwartungen bewusst werden, Vorurteile verstehen und akzeptieren, dass wir alle sie haben. Versöhnlich gestimmt folgten wir seinen Ausführungen über Ich- und Wir-Gesellschaften, Partikularismus und Universalismus oder den Phasen von Begegnungen. In den Gesichtern meiner Mitfreiwilligen spiegelten sich große Aha-Erkenntnisse, Belustigung und Verwunderung.

Gemeinschaft als Ort großer Leidenschaft und tiefer Zufriedenheit

Tatsächlich lebten die folgenden zwei Tage von unserer aktiven Mitarbeit – gemeinsam diskutierten wir mögliche praktischen Situationen im Einsatz und diskutierten, was Vorurteile gegenüber anderen über uns selbst aussagen, und wie Stereotype generiert werden. Die Sitzungen am Wochenende fanden meist unter einem stahlblauen Himmel mit Vogelgezwitscher statt: Dabei ging es ans Eingemachte: Themen waren die Verträge, Selbstreflexion, Öffentlichkeitsarbeit und der Versuch eines Perspektivwechsels bezüglich unserer Partner.

Am Sonnabend ließen wir den Tag in einer Runde am knisternden Lagerfeuer ausklingen mit gegrillten Marshmallows und einem mehr gegrölten als gesungenem “Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht”. Viel ist geblieben von dieser langen Woche: Termine, Begegnungen mit wunderbaren Menschen, eine Unzahl an beantworteten Fragen und ebenso viele neue, die noch in unseren Gedanken reifen.

Ein Satz, der mir im Kopf herumgeistert, ist ein Zitat aus unserer Sitzung zum Thema Gemeinschaft:
„Wenn alle Mitglieder eine lebendige Balance untereinander verspüren, dann wird Gemeinschaft zu einem Ort großer Leidenschaft und tiefer Zufriedenheit." In diesen Worten liegt eine tiefe Wahrheit, die wir allenfalls zu Hause gefunden haben und nach der wir im nächsten Jahr suchen werden. Nicht nur mit den Menschen in unseren Einsatzländern, sondern auch unter uns Freiwilligen.

Fragen: wichtiger als Antworten

Wie schaffen wir es, rücksichtsvoll miteinander umzugehen, den anderen zu achten und gleichzeitig unsere eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen? Welche Erwartungen haben die Menschen in unseren Einsatzländern, für die das uns Fremde und Unbekannte Alltag der Kultur ist? Was erhoffen sie sich und was können wir ihnen zurück­geben für ihre Bereitschaft und Offenheit, uns in ihre Gemeinschaft aufzunehmen, obwohl sie nichts über uns wissen?

Diese Fragen werden uns nicht nur auf unserem Weg nach Hause begleiten, wo die meisten von uns bald ihr Abitur machen, sondern auch in unserem Einsatz stets greifbar sein. Womöglich sind es auch nicht die Antworten, die zählen, sondern die Tatsache, dass wir befähigt sind, diese Fragen zu stellen. Mit tiefen Augenringen und prallgefüllten Köpfen brachen wir am Sonntag in alle Himmelsrichtungen auf, die Blicke müde, aber beseelt."

Pauline Haak

  • Sich auf den Weg machen, in eine neue Kultur eintauchen, in einem Sozialprojekt der Jesuiten mitarbeiten, sich für mehr Gerechtig­keit in unserer Einen Welt einsetzen – all das können Sie für ein Jahr als Jesuit Volunteer. Unser internationaler Freiwilligendienst richtet sich an Erwachsene ab 18 Jahren.
    Interesse?
    Alle Infos zum Bewerbungsverfahren auf jesuit-volunteers.org

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