– Elijah

"Jesus ist nicht in einem Palast auf die Welt gekommen, sondern in einer Armenunterkunft“

Ein vorweihnachtlicher Bericht aus Rumänien: In den Romadörfern von Siebenbürgen hat die zweite Coronawelle voll zugeschlagen. Für die vor acht Jahren gestartete Hilfsinitiative Elijah ist die Arbeit im Lockdown, verbunden mit Schulschließungen, eine gewaltige Herausforderung.

Es gibt Projekte in den Bereichen Schule, Kindergarten, Vorschule, Nachhilfe, Tagesbetreuung, Musikerziehung, Berufsausbildung in Werkstätten und praktische Umsetzung – etwa im Häuserbau oder bei der Fertigung von Keramik. „Wir hatten bisher Glück gehabt. Inzwischen ist das Virus aber auch in unseren Dörfern gelandet. Trotzdem sind fast alle unserer Werkstätten weiter offen, alle in den Teams tragen Masken“, berichtete Ruth Zenkert in einem Kathpress-Adventinterview auf Zoom.

Geschlossen habe die Gärtnerei, weil es hier Coronafälle im Leitungsteam gegeben hat. Die Gärtnerlehrlinge seien jetzt in Quarantäne.

In den Häusern und Hütten seien viele krank, aber so gut wie niemand gehe zum Arzt, und so bleibe die exakte Zahl der Fälle ungeklärt. „Die Infizierten haben zwei Tage hohes Fieber und Husten. Dann stehen sie wieder auf. Absonderung ist nicht möglich“, so die Ko-Leiterin von Elijah.

Onlineunterreicht in den Sozialzentren

Große Probleme bereite der Schulunterricht. Die Schulen seien geschlossen, verschiedenerorts werde Onlineunterricht angeboten. Ein Teil der Kinder, die keine Möglichkeit zur Verfolgung des Onlineunterrichts haben, könne in den Elijah-Sozialzentren mit Geräten und Arbeitsplätzen versorgt werden. „Wir teilen sie auf die Räume auf“, so Ruth Zenkert. Mit der Musikschule sei es leichter, weil Einzelunterricht weiter erfolgen könne.

Ruth Zenkert erinnerte, dass auch in den rumänischen Dörfern jetzt die Zeit der Vorbereitung auf Weihnachten wäre. Lieder und Tänze sollten in den Sozialzentren der fünf „Elijah-Dörfer“ – Hosman, Nou, Tichindeal, Marpod und Nocrich – eingeübt werden. „Das fällt alles aus, keine Feiern mit Kindern, nichts.“ Viele Kinder empfänden großen Schmerz, „die Weihnachtsvorbereitung fehlt ihnen sehr, die Stimmung leidet stark“.

Geplant sei nun eine individuelle Geschenkübergabe an die Kinder kurz vor Weihnachten. Allerdings sei ein größerer gemeinschaftlicher Gottesdienst nicht möglich.

Alles sei aktuell unsicher – so Ruth Zenkert –, und man warte auf die für diesen Sonntag (6. Dezember) angesetzten Parlamentswahlen. Gut möglich sei, dass danach eine weitere Verlängerung, inklusive Verschärfung, des Lockdowns beschlossen werde.

Im Blick auf Gottesdienste habe die rumänisch-orthodoxe Kirche weniger Probleme als andere Kirchen. Sie habe eine „härtere Praxis“. Die kleine katholische Gottesdienstgemeinde von Marpod, wo Pater Sporschill aktuell lebt, übe hingegen strikte Besucherbeschränkung. „Bei den Orthodoxen ist das anders. Es ist üblich, dass der Priester in der Kirche zelebriert und die Gläubigen auf dem Platz vor der Kirche stehen, wohin die Messe mit Lautsprecher übertragen wird“, schilderte die Ko-Leiterin von Elijah.

Weihnachten in den Kanälen

Sie erinnert sich an starke Erlebnisse zur Weihnachtszeit in Rumänien, etwa mit den Straßenkindern in den Kanälen oder am Bahnhof von Bukarest: „Das waren nicht traurige Weihnachten, sondern schöne. Auch im Kanal. Es war tiefe Gemeinschaft, wo mir bewusst geworden ist: Jesus ist als verletzbares Kind auf die Welt gekommen, nicht in einem Palast, sondern in einer Armenunterkunft.“

Auch die Weihnachtsbräuche in den rumänischen Dörfern hat Ruth Zenkert liebgewonnen, besonders die lokale Variante der Sternsinger. Sie kämen wie in Österreich mit einem großen Stern, seien aber nicht verkleidet. In den Häusern werde dann gemeinsam viel gesungen, und es gebe eine Menge Süßigkeiten.

In den Schulen und Kirchen würden in der Weihnachtszeit sakrale Rollenspiele aufgeführt. Sie handelten aber nicht so sehr von der Geburt in Bethlehem als von der Menschheitsgeschichte, weshalb Adam und Satan in diesen Aufführungen große Bedeutung hätten.

Schlachten des „Weihnachtsschweins“

Auf dem Land sei üblich, dass am 24. Dezember das „Weihnachtsschwein“ geschlachtet werde, so die Romahilfe-Pionierin. An den folgenden Tagen gebe es dann ein großes Festessen nach dem anderen, zumeist mit Schweinsinnereien.

Durch die jahrzehntelange kommunistische Diktatur seien wiederum andere Weihnachtsbräuche in Vergessenheit geraten, bedauerte Ruth Zenkert. So werde etwa das strenge Fasten während des gesamten Advents kaum mehr praktiziert.

Häuserbau in fünf Dörfern

Die aus Baden-Württemberg stammende Ruth Zenkert ist die Pionierin von Elijah, da sie bereits einen ganzen Winter vor der Ankunft Sporschills im ehemaligen Sachsendorf Nou (ehemals Neudorf bei Hermannstadt) gewohnt hatte und zu den dort lebenden Romafamilie, die in unbeschreiblicher Armut leben, gegangen war. 2012 kam P. Georg Sporschill, und die offizielle Gründung der „Elijah-Sozialinitiative“ als Verein erfolgte, wobei Zenkert in Rumänien die behördlich Verantwortliche ist. Heute hat Elijah 60 fixe Mitarbeiter, dazu kommen noch rund 20 Freiwillige.

Elijah wurde als Namen gewählt, denn wie der Prophet Elijah wollen Pater Sporschill und Ruth Zenkert für die Armen eintreten. Im Mittelpunkt der Aufgabe: den hier ansässigen Roma, vor allem den Kindern, zu helfen und der Jugend eine Ausbildung zu ermöglichen.

Der Verein ist mittlerweile in fünf Dörfern in der Umgebung von Sibiu (Hermannstadt) und in der Stadt selbst tätig. Es gibt zahlreiche Sozialzentren, Musikschulen, Lehrwerkstätten und Arztpraxen. Elijah unterhält eine Tischlerei, eine Gärtnerei, eine Land­wirt­schaft, eine Fleischerei, eine Hauswirtschaftsschule, eine Bäckerei, eine Weberei, einen Bauhof und eine Keramikwerkstatt. Die eigene Gärtnerei versorgt alle Elijah-Einrichtungen mit Gemüse, die Möbel der Zentren sind eigene Erzeugnisse.

In den fünf Dörfern werden die Hütten durch neue, wetterfeste Häuser ersetzt. Das Hausbauprogramm kam erst in diesem Jahr – trotz Corona – richtig in Schwung.

KAP

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