– Weihnachten in Aleppo

„Er wurde geboren in einer Baumwollfabrik...“

In seinem Tagebuch schildert Pater Sami Hallak vom Jesuitenflüchtlingsdienst JRS die Lage der Vertriebenen aus dem Osten Aleppos. Die JRS-Freiwilligen tun alles Menschenmögliche, das Elend zu lindern. Doch in den Notunterkünften werden an Weihnachten Kinder geboren, einige sterben.

21. Dezember 2016

Überall redet man von Flüchlingen aus Ost-Aleppo. Zunächst wurden die Menschen in Industriehallen in Jibrine untergebracht. Als wir hingingen, um zu helfen, wussten wir, dass es dort keinen Platz mehr gibt; die Neuankömmlinge landeten in Hallen, in denen vorher Baumwolle entkörnt wurde. Die Notunterkünfte sind überfüllt mit Tausenden von Kindern, Frauen und Alten. Sie leiden unter der Kälte, Sanitäranlangen sind kaum vorhanden. Für 500 Personen gibt es vier Toiletten, das Trinkwasser ist „ein bisschen“ salzig. Nachts fallen die Temperaturen auf minus sechs Grad, die Hallen sind 20 Meter hoch. Feuer machen ist streng verboten, überall liegen Matratzen und Decken. Die Hände der Menschen, ihre Kleidung und ihre Gesichter sind schmutzig. Es gibt keine Möglichkeit, ein Bad zu nehmen oder sich nur das Gesicht mit Eiswasser zu waschen. Im Freien zünden die Menschen mit allem, was brennt, Feuer an, um sich zu wärmen. Zwillinge wurden im Lager geboren, als Waisen. Die Mutter ging nach draußen, um etwas zu essen zu organisieren. Die Kinder liegen draußen im Freien unter der Wintersonne, in der Obhut ihrer großen Schwester. Sie ist 9 Jahre alt. In fünf Tagen ist Weihnachten. Ein Kind in der Krippe.
Unser Konvoi ist auf dem Weg. Unsere Freiwilligen in Aktion, Muslime und Christen.

Wir haben den Konvoi organisiert für die Menschen in den Baumwollfabriken. Sechs Lastwagen, 85 Freiwillige. Das Programm: Besuch bei den Fami­lien, um zu erkennen, was gebraucht wird und zu verteilen, was gebraucht wird: Decken, Obst, Mützen, Socken, Kekse für die Kinder. Mit den Wasserflaschen wiegt ein Paket 9 Kilo. Eine Familie von 7 Personen, das ist der Durchschnitt, bekommt drei Pakete. Die Kinder haben Schwierig­keiten, sie zu tragen. Unsere Fahrzeuge haben alle Hallen und Zelte abgeklappert, und unsere Freiwilligen haben die Pakete an die Haustür geliefert. Etwas Unerhörtes im Lager. In der Regel bitten die NGOs die Menschen, sich anzustellen, die Ungeduldigen werden von Polizisten mit einem Silikonschlauch verprügelt. Jetzt bekommen die Menschen ihre Grund­nahrungs­mittel „nach Hause“ geliefert, in voller Menschenwürde.

Hilfe für 4000 – aber kein Ende in Sicht

Wir gehen dabei so vor: Unsere Teams gehen von Unterschlupf zu Unterschlupf, füllen die Formulare aus und geben den Fami­lien Gutscheine. Ein Mitglied jeder Familie kommt an den Verteilungspunkt, wird von einem Freiwilligen begrüßt, der ihm hilft, nacheinander Obst, Taschen, Decken, Mützen, Socken und Kekse einzusammeln, die der Familie laut Coupon zustehen. Wenn die Menschen den Transport nicht schaffen – oft sind es Kinder, ältere Menschen oder Frauen mit einem Baby – helfen ihnen die Freiwilligen, die Waren zu Hause zu schaffen.

Draußen zeigt das Thermometer drei Grad im Schatten an, aber wir arbeiten von 10 bis 17 Uhr, ohne Unterbrechung. Nach unseren Statistiken haben wir 4000 Menschen versorgt, ihre Würde gewahrt, ohne Schlangen und ohne TV-Kameras. Dass das klappt, hat alle Verbände und internationalen Organisationen überrascht. Ich bin stolz darauf.
Ein Sechsjähriger hat angefangen, eine Banane zusammen mit der Schale zu essen. Peinlich berührt, erklärte die Mutter, dass der Kleine schon mal Bananen im Geschäft gesehen, aber noch nie eine gegessen hat: zu teuer.

22. Dezember 2016

Gestern fiel Schnee, den ganzen Tag, die ganze Nacht über. Was wird aus den Flüchtlingen? Ich weiß es nicht. Aber mir bleibt ein kleiner Trost: Wir haben getan, was wir tun mussten.
Heute habe ich mich mit einer Organisation, die Milchpulver für Babys und Kinder hat, geeinigt. Es wurde vorher nicht verteilt, weil das Salzwasser in den Lagern der Gesundheit der Kinder schadet. Wir geben jetzt 540 Flaschen Trinkwasser für Säuglinge und Kleinkinder aus. Die Verteilung von Milch und Wasser startet morgen.

Die Flüchtlinge verbrennen alles, was brennt. Die Gefahr zu ersticken wächst. Wir haben heute damit begonnen, zwei Tonnen Brennholz zu verteilen. Unsere Weihnachtsfeiertage beginnen am Samstag, aber die Notfall-Arbeit wird nicht weniger. Wir arbeiten unermüdlich wie in einem Bienenstock, um ruhigen Gewissens ein bisschen feiern zu können.

Tatsächlich habe ich kein ruhiges Gewissen. An diesem Morgen ist ein Kind in einer Halle der Baumwollfabrik erfroren. Ich wollte kein Foto von ihm haben. Es ist für das Kind besser anonym zu bleiben, ganz so wie sein Herr und Erlöser, als er Kind war.

P. Sami Hallak SJ

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